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Nichtigkeitsverfahren
Nichtigkeitsverfahren vor dem DPMA
Im Eintragungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) werden nur die formellen sowie einige wenige materielle Voraussetzungen für den Designschutz geprüft, nämlich die Designfähigkeit, der Verstoß gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten und die missbräuchliche Benutzung eines Hoheitszeichens oder sonstigen Zeichens von öffentlichem Interesse. Die übrigen Nichtigkeitsgründe, insbesondere die fehlende Neuheit und Eigenart des Designs und entgegenstehende ältere Rechte prüft das DPMA erst in einem sich ggf. nach der Eintragung anschließenden Nichtigkeitsverfahren.
Dieses Nichtigkeitsverfahren vor dem DPMA wird nur auf Antrag Dritter durchgeführt. Wird der Antrag zurückgenommen, wird das Verfahren nicht von Amts wegen weitergeführt.
Vor den ordentlichen Gerichten kann die Nichtigkeit eines eingetragenen Designs geltend gemacht werden durch Widerklage auf Nichtigkeit im Rahmen eines aus dem Design geführten Designverletzungsverfahrens oder als Einwand in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wegen Designverletzung.
Ergibt sich im Nichtigkeitsverfahren vor dem DPMA oder aufgrund einer Widerklage im Designverletzungsverfahren vor den ordentlichen Gerichten, dass das Design nichtig ist, wird es aus dem Designregister gelöscht. Die Schutzwirkungen des Designs gelten dann als von Anfang an nicht eingetreten. Der erfolgreiche Einwand der Nichtigkeit in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vor den ordentlichen Gerichten führt dagegen nicht zur Löschung des Designs, sondern hat nur Wirkung zwischen den Streitparteien.
Bevor ein Nichtigkeitsantrag gestellt wird, empfiehlt es sich in aller Regel, den Designinhaber bzw. die Designinhaberin zur freiwilligen Löschung des Designs aufzufordern. Denn das gebührenpflichtige und mit einem Kostenrisiko behaftete Nichtigkeitsverfahren erübrigt sich, wenn der Designinhaber bzw. die Designinhaberin der Löschungsaufforderung nachkommt (ausführlich zum Kostenrisiko siehe unter Wer trägt die Kosten des Verfahrens).
Gegen welche Designs kann ein Nichtigkeitsantrag beim DPMA gestellt werden?
Ein Nichtigkeitsantrag kann beim DPMA gestellt werden
- gegen ein nationales Design, d.h. gegen ein Design, das in das beim DPMA geführte Register eingetragen worden ist
- gegen eine internationale Designeintragung, d.h. gegen ein Design, das nach dem internationalen Haager Musterabkommen registriert wurde und dessen Schutz sich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erstreckt. Bei Anträgen gegen eine internationale Eintragung tritt an die Stelle des Antrags auf Feststellung oder Erklärung der Nichtigkeit der Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.
Die vor- und nachstehenden Ausführungen gelten auch für Unwirksamkeitsanträge gegen eine internationale Designeintragung; die Begriffe "Nichtigkeitsverfahren, Nichtigkeitsantrag, Nichtigkeitsgründe" sind dabei durch die Begriffe "Unwirksamkeitsverfahren, Unwirksamkeitsantrag, Unwirksamkeitsgründe" zu ersetzen.
Eingetragene europäische Gemeinschaftsgeschmacksmuster können nicht vor dem DPMA auf ihre Schutzfähigkeit überprüft werden. Zuständig für einen Nichtigkeitsantrag gegen ein eingetragenes europäisches Gemeinschaftsgeschmacksmuster ist das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) in Alicante (Spanien).
Welche Nichtigkeitsgründe gibt es? Wer kann sie geltend machen?
Im Nichtigkeitsantrag können absolute und relative Nichtigkeitsgründe geltend gemacht werden. Es können mehrere Nichtigkeitsgründe genannt werden. Die Nichtigkeitsgründe müssen klar benannt werden.
Für jeden geltend gemachten Nichtigkeitsgrund sind die zur Begründung dienenden Tatsachen anzugeben und wenn nötig Beweismittel zu benennen. Das Deutsche Patent- und Markenamt nimmt von sich aus grundsätzlich keine Ermittlungen zur Aufklärung des Sachverhalts vor.
Durch den Nichtigkeitsantrag wird der Streitgegenstand des Verfahrens festgelegt. Das DPMA prüft also nur die im Antrag geltend gemachten Nichtigkeitsgründe. Ob weitere Nichtigkeitsgründe im Laufe des Verfahrens nachgeschoben werden können, hängt vom Stand des Verfahrens ab.
Absolute Nichtigkeitsgründe sind:
- missbräuchliche Benutzung eines Hoheitszeichens oder sonstigen Zeichens von öffentlichem Interesse
Diesen Nichtigkeitsgrund können nur Institutionen geltend machen, die von der unberechtigten Nutzung des Zeichens betroffen sind. Dies sind in der Regel der Staat und die Behörden, die das Zeichen verwenden.
Die nachfolgenden absoluten Nichtigkeitsgründe kann dagegen jedermann geltend machen. Ein rechtliches oder wirtschaftliches Interesse an der Löschung des Designs ist nicht erforderlich:
- fehlende Designfähigkeit
- fehlende Neuheit oder Eigenart
- ausschließliche technische Bedingtheit
- Verbindungselemente, die passgenau zur Funktionserfüllung zweier Erzeugnisse notwendig sind
- Verstoß gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten
Zum Nichtigkeitsgrund der fehlenden Neuheit und Eigenart: Ein Design ist neu und eigenartig, wenn sich sein Gesamteindruck vom Gesamteindruck einer anderen Gestaltung unterscheidet, die zum Zeitpunkt der Anmeldung dieses Designs bereits offenbart worden ist. Ob und wann eine Gestaltung offenbart worden ist, richtet sich danach, ob und wann die jeweiligen Fachkreise die Möglichkeit hatten, von der Gestaltung Kenntnis zu nehmen. Zu den Voraussetzungen für Offenbarungen im Internet siehe die Gemeinsame Mitteilung der europäischen Ämter zu den " Kriterien für die Beurteilung der Offenbarung von Geschmacksmustern im Internet (3,92 MB)"
Relative Nichtigkeitsgründe sind:
- Urheberrechte
- ältere eingetragene Designs
- ältere Marken und sonstige ältere Zeichen mit Unterscheidungskraft
Relative Nichtigkeitsgründe können nur die jeweiligen Inhaber der oben genannten Rechte geltend machen.
Wie wird der Nichtigkeitsantrag gestellt?
Gegen ein nationales Design kann der Nichtigkeitsantrag in Papierform Antrag auf Feststellung oder Erklärung der Nichtigkeit eines eingetragenen Designs (1,01 MB), elektronisch-signaturgebunden mit der Software DPMAdirektPro oder elektronisch-signaturfrei mit der Software DPMAdirektWeb eingereicht werden.
Gegen eine internationale Designeintragung kann der Nichtigkeitsantrag in Papierform Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit einer internationalen Designeintragung für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (1,01 MB) oder elektronisch-signaturgebunden mit der Software DPMAdirektPro eingereicht werden.
Es besteht kein Anwaltszwang. Der Antrag muss also nicht durch einen beauftragten Anwalt gestellt werden, und auch für das weitere Verfahren muss kein Anwalt bestellt werden.
Der Nichtigkeitsantrag ist gebührenpflichtig (Gebühren für Nichtigkeitsantrag). Die Gebühr muss innerhalb von drei Monaten nach Eingang des Antrags gezahlt werden. Erst nach Zahlung der Gebühr wird der Antrag dem Designinhaber bzw. der Designinhaberin zugestellt. Wird die Gebühr nicht fristgerecht gezahlt, gilt der Antrag als zurückgenommen.
Wie läuft das Verfahren ab?
Nach Eingang des Nichtigkeitsantrags und der Antragsgebühr wird der Nichtigkeitsantrag dem Designinhaber bzw. der Designinhaberin zugestellt und der Designinhaber bzw. die Designinhaberin erhält Gelegenheit, dem Antrag zu widersprechen.
Widerspricht der Designinhaber bzw. die Designinhaberin dem Nichtigkeitsantrag nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Antrags, wird die Nichtigkeit des Designs ohne sachliche Prüfung festgestellt.
Erhebt der Designinhaber bzw. die Designinhaberin jedoch fristgerecht Widerspruch gegen den Nichtigkeitsantrag (die Begründung zum Widerspruch kann nachgereicht werden), wird das Verfahren streitig fortgeführt. Über den Antrag wird dann auf Grundlage der von beiden Seiten vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel entschieden. Gegebenenfalls wird vorher eine Anhörung durchgeführt.
Zuständig für die Entscheidung über den Nichtigkeitsantrag ist ein dreiköpfiges Gremium, das aus Juristen bzw. Juristinnen des Deutschen Patent- und Markenamts besteht (Designabteilung). Bei Bedarf kann ein Patentprüfer bzw. eine Patentprüferin als viertes Mitglied des Gremiums hinzugezogen werden.
Gegen die Entscheidung der Designabteilung in Form eines Beschlusses kann Beschwerde zum Bundespatentgericht eingelegt werden. Die Beschwerdefrist beträgt einen Monat ab Zustellung des Beschlusses.
Wer trägt die Kosten des Verfahrens?
Vor Antragstellung sollte das Kostenrisiko eines Nichtigkeitsverfahrens berücksichtigt werden. Zu den Kosten des Verfahrens gehören die Kosten aller Beteiligter, einschließlich der Kosten etwaiger anwaltlicher Vertreter. Es gelten die Kostenregelungen der Zivilprozessordnung. Danach trägt in der Regel der Unterlegene die Kosten des Verfahrens.
Davon gibt es eine wichtige Ausnahme:
Als voraussichtlich unterlegen wird zwar auch der Designinhaber bzw. die Designinhaberin angesehen, der bzw. die dem Nichtigkeitsantrag nicht widersprochen und innerhalb der einmonatigen Widerspruchsfrist gegenüber dem DPMA ausdrücklich in die Löschung des Designs eingewilligt hat. Jedoch muss im Fall einer solchen Löschungseinwilligung der Antragsteller bzw. die Antragstellerin die Kosten des Verfahrens tragen, wenn der Designinhaber bzw. die Designinhaberin keinen Anlass zur Stellung des Nichtigkeitsantrags gegeben hat und sich darauf auch beruft (keine Ermittlung von Amts wegen). Ein Designinhaber bzw. eine Designinhaberin gibt in aller Regel keinen Anlass zu einem Nichtigkeitsantrag, wenn er bzw. sie nicht mit einem solchen Antrag rechnen musste. Wer ein Design für nichtig hält, sollte daher in aller Regel den Designinhaber bzw. die Designinhaberin vor der Einreichung des Nichtigkeitsantrags und unter Darlegung der Nichtigkeitsgründe und mit angemessener, d.h. in der Regel vierwöchiger Fristsetzung auffordern, zur Vermeidung eines Nichtigkeitsverfahrens in die Löschung des Designs einzuwilligen.
Muss ein Kostenantrag gestellt werden? Welche Fristen gibt es für den Kostenantrag?
Widerspricht der Designinhaber bzw. die Designinhaberin dem Nichtigkeitsantrag, so wird das Verfahren als streitiges Verfahren weitergeführt. In diesem Fall wird von Amts wegen über die Kosten des Verfahrens entschieden. Es muss also kein Kostenantrag gestellt werden.
Dagegen wird über die Kostentragung nur auf Antrag entschieden, falls der Designinhaber bzw. die Designinhaberin dem Nichtigkeitsantrag nicht widerspricht. Der Kostenantrag muss in diesem Fall innerhalb eines Monats nach der Unanfechtbarkeit des Nichtigkeitsbeschlusses gestellt werden, d.h. sobald die Beschwerdefrist abgelaufen ist.
Ebenfalls nur auf Antrag wird über die Kostentragung entschieden, wenn Antragsteller bzw. Antragstellerin und Designinhaber bzw. Designinhaberin das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklären oder wenn der Antragsteller bzw. die Antragstellerin den Nichtigkeitsantrag zurücknimmt. In diesen Fällen wird das Nichtigkeitsverfahren durch Beschluss eingestellt. Der Kostenantrag muss dann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Einstellungsbeschlusses gestellt werden.
Bild: iStock.com/Lorerock81
Stand: 27.06.2024
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