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Computerimplementierte Erfindungen

Geföffnete Motorhaube mit Hand und Laptop

Software ist im Zeitalter von Internet, Smartphones und der Digitalisierung in der „Industrie 4.0“ aus der Technik nicht mehr wegzudenken. Viele aktuelle Innovationen liegen auf dem Gebiet der digitalen Datenverarbeitung. Somit nimmt auch der Anteil der bei uns eingereichten Patentanmeldungen mit Erfindungen zu, die einen Bezug zu Geräten und Verfahren (Programmen) der elektronischen Datenverarbeitung haben. Derartige Erfindungen werden auch programmbezogene oder computerimplementierte Erfindungen genannt. Es geht dabei um Erfindungen, zu deren Ausführung ein Computer, ein Computernetzwerk oder eine sonstige programmierbare Vorrichtung eingesetzt wird und die mindestens ein Merkmal aufweisen, das (zumindest teilweise) mit einem Computerprogramm realisiert wird.

Das externer Link Patentgesetz regelt, dass Patente für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt werden, die neu sind und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen. Es erlaubt auch die Patentierung von computerimplementierten Erfindungen, schließt jedoch Computerprogramme dann vom Patentschutz aus, wenn für sie „als solche“ Schutz begehrt wird.

Zur Prüfung computerimplementierter Erfindungen hat der Bundesgerichtshof einen dreistufigen Prüfungsansatz entwickelt. In der ersten Stufe wird geklärt, ob die Erfindung auf technischem Gebiet liegt. Dies ist bereits erfüllt, wenn das beanspruchte Verfahren auch nur implizit die Nutzung einer Datenverarbeitungsanlage lehrt. Dazu muss die DV-Anlage noch nicht einmal im Patentanspruch erwähnt sein – also eine wirklich niedrige Hürde, die bei computerimplementierten Erfindungen fast immer gegeben ist.

In der zweiten Stufe wird geprüft, ob die computerimplementierte Erfindung nicht vom Patentierungsausschluss getroffen wird. Ein Ausschluss liegt dann nicht vor, wenn die Erfindung Anweisungen enthält, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen. Beispielsweise ist eine Software-Erfindung, die zur Lösung eines technischen Problems eingesetzt wird, nicht vom Patentschutz ausgeschlossen, wenn deren Ablauf durch technische Gegebenheiten außerhalb der Datenverarbeitungsanlage bestimmt wird.

Zu erwähnen wäre noch, dass die Prüfung nach den ersten beiden Stufen nur auf der Grundlage der zu prüfenden Patentanmeldung und regelmäßig ohne Berücksichtigung des Standes der Technik erfolgt; sie dient damit einer Art Grobsichtung zur Ausfilterung derjenigen Fälle, in denen ein Patentanspruch überhaupt keine technische Anweisung enthält, die sinnvollerweise der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit zugrunde gelegt werden kann.

Und damit kommen wir schließlich zur dritten Stufe: Es gilt, die computerimplementierte Erfindung auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit gegenüber dem Stand der Technik zu prüfen. Dabei werden bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nur diejenigen Aspekte der Erfindung berücksichtigt, die die Lösung des konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln bestimmen oder zumindest beeinflussen. Wenn bei der Prüfung die computerimplementierte Erfindung alle drei Stufen erfüllt, ist sie patentfähig!

Das Beispiel Navigationsgerät (Wiedergabe topografischer Informationen)

Bei einem Fahrzeugnavigationssystem erfolgt die Darstellung einer topografischen Karte in Abhängigkeit der aktuellen Position und Bewegungsrichtung des Fahrzeugs. Dieses Beispiel liegt eindeutig auf technischem Gebiet und stellt auch die Lösung eines konkreten technischen Problems dar. Als technische Mittel werden die Ermittlung der Ist-Position des Fahrzeugs und ein auf einem Prozessor ablaufendes Computerprogramm eingesetzt.

Patentfähig ist eine solche computerimplementierte Erfindung dann, wenn sie gegenüber dem Stand der Technik neu, für den Fachmann nicht naheliegend und demgemäß erfinderisch ist. Unterscheidet sich die computerimplementierte Erfindung vom Stand der Technik in diesem Beispiel nur darin, dass sie eine bestimmte, zweckmäßige Projektion von topographischen Informationen verwendet, dann ist dies nicht Teil der Lösung, sondern gehört zu einer vorgelagerten Auswahl einer für Navigationszwecke zweckmäßigen kartografischen Darstellung, die dem Fachmann entweder selbst bekannt ist oder vorgegeben wird. Dieser Aspekt des Navigationsgeräts trägt somit nicht zur Lösung des technischen Problems mit technischen Mitteln bei und bleibt daher bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit unberücksichtigt.

Von technischen Mitteln zur Lösung eines konkreten technischen Problems spricht der Bundesgerichtshof, wenn im Rahmen der Erfindung Gerätekomponenten modifiziert oder grundsätzlich abweichend adressiert werden, wenn der Ablauf eines zur Problemlösung eingesetzten Computerprogramms durch technische Gegebenheiten außerhalb des Computers bestimmt wird oder wenn die Lösung gerade darin besteht, ein Computerprogramm so auszugestalten, dass es auf die technischen Gegebenheiten des Computers Rücksicht nimmt.

Das Beispiel Auf- und Wiederfinden einer bestimmten Informationsseite im Internet (Webseitenanzeige)

Beim Browsen durch das Internet besteht häufig der Wunsch, zuvor aufgesuchte Seiten wiederzufinden. Dazu schlägt eine Erfindung vor, dass sich ein Benutzer auf einer Startseite anmeldet, dass die von der Startseite aufgerufenen Seiten registriert werden und dass die Abfolge der aufgerufenen Informationsseiten schließlich angezeigt wird. Diese Erfindung liegt zwar auf technischem Gebiet, fällt aber unter den Patentierungsausschluss eines Computerprogramms als solches. Die Leistung dieser Erfindung liegt nämlich lediglich in der Erfassung, Speicherung und Aufbereitung von Bedienereingaben am Rechner des Benutzers mit üblichen datentechnischen Verfahrensschritten. Eine Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln liegt nicht vor und die Erfindung stellt somit ein Computerprogramm als solches dar, welches nicht patentierbar ist.

Wenn beispielsweise ein Computerprogramm im Rahmen einer computerimplementierten Erfindung Werte eines mit ihm verbundenen Drucksensors einliest und zur Steuerung eines mit ihm verbundenen Ventils nutzt, wird es durch äußere technische Gegebenheiten bestimmt. Es setzt somit ein technisches Mittel zur Lösung eines konkreten technischen Problems ein.

Für eine computerimplementierte Erfindung kann also dann ein Patent erteilt werden, wenn sie eine Lösung des ihr zugrundeliegenden technischen Problems mit technischen Mitteln angibt, wenn sie neu ist und auf erfinderischer Tätigkeit beruht. Ein Patent auf ein Computerprogramm, welches keine technischen Mittel zum Lösen eines konkreten technischen Problems zeigt, wird dagegen nicht erteilt.

Rechtsprechung zu den genannten Beispielen:

Weitere Informationen zur Patentierbarkeit von computerimplementierten Erfindungen können Sie den pdf-Datei Richtlinien für die Prüfung von Patentanmeldungen entnehmen.

Antragsunterlagen für Computerimplementierte Erfindungen

Die Patentanmeldung ist grundsätzlich in deutscher Sprache abzufassen. Sie kann aber die üblichen fremdsprachigen Fachausdrücke aus dem Gebiet der Datenverarbeitung enthalten. Bei den Patentansprüchen sind neben oder anstelle von Strukturangaben (schaltungstechnische Details) auch wirkungs- und funktionsbezogene Angaben zulässig.
Die Beschreibung kann durch Diagramme, die den Ablauf der Verarbeitung von Daten betreffen, ergänzt sein. Sie kann einen Datenflußplan und auch einen Programmablaufplan enthalten. Kurze Auszüge aus einem Programm für DV-Anlagen in einer üblichen, genau bezeichneten Programmiersprache können in der Beschreibung zugelassen werden.
Die benötigten Vordrucke und Hinweise finden Sie unter Formulare.

Bild: iStock.com/morrison1977

Stand: 16.01.2024