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James Bond
Marken und Technik im Geheimdienst Ihrer Majestät
Er war der erste und (für die meisten) beste Darsteller des James Bond: Sean Connery. Mit der Rolle des Geheimagenten im Dienste Ihrer Majestät, der zu einer Ikone der Popkultur wurde, verband Connery eine Hassliebe: Als Schauspieler fühlte er sich darin unterfordert und eingeengt, aber gleichzeitig verdankte er ihr Ruhm und Reichtum. Denn „James Bond“ – gewappnet mit gewerblichen Schutzrechten und Geheimwaffen - steht vor allem für eines: viel Geld.
Vom Sargpolierer zum Superstar
In seinem Heimatland und weit darüber hinaus kennt jeder die Geschichten aus der Jugend des wohl berühmtesten lebenden Schotten: Thomas Sean Connery, geboren 1930 in einem Arbeiterviertel von Edinburgh, arbeitete als junger Mann als Milchmann, Aktmodell und Sargpolierer, war Marinesoldat, Bodybuilder und hätte beinahe einen Profi-Fußballvertrag unterschrieben. Ein groß gewachsener Bursche -„Big Tam“ (Tom) nannten ihn seine Freunde –, dazu sportlich, charmant und unverschämt gutaussehend - Connery brachte alle Voraussetzungen für eine Filmkarriere mit.
Zwei kleine Haken gab es allerdings: sein schottischer Akzent und das früh dünn werdende Haupthaar. Den Akzent erklärte Connery, ein glühender schottischer Patriot, kurzerhand zu seinem persönlichen Markenzeichen; als Bond-Darsteller trug er von Anfang an ein Toupet.
Macho und Weltretter
Als er die Rolle, die sein Leben prägen sollte, ergatterte, war er noch ein weitgehend unbekannter Kleindarsteller. Trotzdem schlug er die großen Namen, die seinerzeit gehandelt wurden (Cary Grant, Marlon Brando oder – damals bereits – Roger Moore) aus dem Feld. Ian Fleming, der Autor der Romanvorlagen, soll zunächst nicht begeistert gewesen sein. Aber die Produzenten setzten auf Connery. Nach dem Erfolg des ersten Films („Dr. No“, 1962) war dann auch Fleming überzeugt und machte Connery zuliebe in seinen nächsten Büchern Bond sogar zum Halb-Schotten.
Sean Connery spielte den Doppelnull-Agenten als athletischen, charmanten Macho mit entwaffnend trockenem Humor und einem Hang zu Zynismus und Brutalität. Er rettete die Welt mit Stil, fuhr teure Autos mit trickreicher Sonderausstattung und vernaschte reihenweise schöne Frauen, die ihm oft nicht nur an die Wäsche, sondern auch ans Leben wollten. Das war dann meistens ihr Verderben, da Bond kaum weniger Skrupel kannte als die Superschurken, die er im Dienst des MI6 bekämpfte.
Wer Bond besitzt
Fleming hatte im Februar 1952 seinen ersten James-Bond-Roman „Casino Royale“ geschrieben und danach in rascher Folge weitere Bücher um den Agenten mit der Lizenz zum Töten produziert. Als bekannt wurde, dass „Liebesgrüße aus Moskau“ zu Präsident Kennedys Lieblingsbüchern gehörte, ging es rasch bergauf mit der Reihe. Fleming verfasste zwölf James-Bond-Romane und neun Kurzgeschichten, ehe er 1964 überraschend starb.
Harry Saltzman hatte 1961 die Filmrechte an den Bond-Romanen gekauft und mit einem finanzstarken Partner, Albert R. Broccoli, die Eon Productions Ltd. gegründet, um die Bond-Filme zu produzieren. Als Muttergesellschaft von Eon gründeten die beiden die Firma Danjaq, benannt nach ihren Frauen Dana und Jacqueline. Danjaq LLC in Santa Monica, Kalifornien, besitzt bis heute die Rechte an allen Marken rund um James Bond.
Aus Groschenromanen wird ein soziokulturelles Phänomen
Die Bond-Produzenten verfilmten nach und nach das komplette Fleming-Material und beauftragten dann andere Autoren mit Nachschub. Saltzman verkaufte 1975 seinen Anteil an Danjaq an die Filmgesellschaft United Artists, die heute zum Sony-Konzern gehört. Broccoli vererbte seine Rechte dem Stiefsohn Michael G. Wilson und seiner Tochter Barbara Broccoli, die seit den 1990ern alle Bond-Streifen produzieren.
James Bond ist die am längsten bestehende und zugleich eine der wirtschaftlich einträglichsten Filmreihen der Geschichte. In der Rangliste der erfolgreichsten Filmreihen ist Bond in den letzten Jahren auf Platz vier zurück gefallen (nach den Marvel-Filmen, Star Wars und Harry Potter). Das Gesamteinspielergebnis aller Filme wird inflationsbereinigt auf über 16 Milliarden Dollar geschätzt. Viele Bond-Filme waren der jeweils erfolgreichste Film ihres Erscheinungsjahres, etwa „Goldfinger“, „Diamantenfieber“ oder „Moonraker“.
007 und die Marken
Der Markenschutz spielt in diesem Milliardenmarkt natürlich eine bedeutende Rolle. Danjaq hat sich selbstverständlich „James Bond“ und „007“ in diversen Formen und Nizza-Klassen als Marke gesichert, z.B. DE 1161425 (Wort-Bild-Marke), EM000251918, EM001205137, EM002461150, EM012210936, EM017010984, DE1189162 oder EM000316703.
Auch die Namen sämtlicher Bond-Filmtitel sind als Marke geschützt, z.B. „Dr. No“ (EM 004810438), „Spectre“ (EM013530555) oder „Skyfall“ (EM010391324). Allerdings in der Regel nur der englische Originaltitel, nicht die deutsche Version. Ein Beispiel: „A Quantum of Solace“ ist als Marke geschützt (EM006644751, 006648257), der deutsche Titel „Ein Quantum Trost“ dagegen nicht. In diesem Punkt gingen z.B. die wirtschaftlich noch erfolgreicheren „Star Wars“-Macher einen Schritt weiter; sie sicherten sich teilweise auch die deutschen Versionen. Als bisher neueste Marke wurde vor wenigen Tagen „Double OO“ (Doppel-Null) von Danjaq angemeldet (EM018262472).
Manche 007-Filmtitel wurden erst Jahre später als Wortmarke gesichert, etwa „Octopussy“: der Film ist von 1983, die Marke von 2005 (EM004812401). „Goldfinger“ von 1964, der für viele beste Film der Reihe (natürlich mit Connery!), wurde erst 2003 in Deutschland als Marke eingetragen, als EU-Marke gar erst 2015 (DE303464453, EM014737407).
Geschüttelt, nicht gerührt
Frühzeitig, nämlich am 20.8.2019, wurde „No time to die“ (EM018110747) angemeldet, der Titel des aktuellen Films mit Connerys Nach-Nach-Nach-Nachfolger Daniel Craig. Wegen der Corona-Pandemie wurde der für April 2020 geplante Kinostart auf November verschoben.
Danjaq hat sich etliche weitere Marken rund um 007 gesichert. Selbst „Shaken not stirred“ (Geschüttelt, nicht gerührt – der Martini), Bonds bevorzugte Drink-Zubereitung, ist eine Wortmarke (EM015842156). Auch das Oktopus-Logo der verbrecherischen Organisation „Spectre“ ist als Wort-Bild-Marke registriert (EM013847371). Sogar „Bond Girl 007“ ist eingetragen (EM000251900). Und wenn man spekulieren möchte, wie ein künftiger Bond-Film heißen könnte, lohnt sich ein Blick auf Danjaqs weitere Wortmarken: „Devil may care“ (EM006570741) wäre zum Beispiel ein guter Filmtitel…
Erst 2015 ließ sich Sean Connery übrigens seinen eigenen Namen als Marke eintragen (EM014182232). Ein deutsches Unternehmen hat sich „Sir Connery“ als Marke für Getränke gesichert (DE304636584).
Bond und die Technik
Zu den wichtigsten Elementen aller Bond-Filme gehören außergewöhnliche Erfindungen: Geheimwaffen, schicke Autos mit Sonderausstattung und Gadgets wie magnetische Uhren, die Feinde entwaffnen oder Reißverschlüsse an Frauenkleidern öffnen können. Ohne „Q“, seinen Waffenmeister, der ihn stets mit den neuesten Wundererfindungen versorgt, hätte Bond zahlreiche brenzlige Situationen nicht heile überstanden.
Manche Technik, die in den Filmen vorkam, war utopische Spielerei. Das meiste jedoch spiegelte den Stand der Technik oder nahm ihn vorweg. Die Agenten des echten Lebens nahmen Bond jedenfalls sehr ernst: Ein ehemaliger KGB-Agent erzählte später, man habe die Filme aufmerksam analysiert, da man angenommen habe, dass die westlichen Geheimdienste alles, was darin zu sehen war, in Wirklichkeit bereits besaßen.
Lasersäge und Raketenrucksack
James Bond inspirierte jedenfalls auch im Ostblock die Erfinder, wie etwa das futuristische Flugauto im DDR-Patent DD116178A5 (3,28 MB) zeigt: „Fahrzeug, insbesondere Luftfahrzeug mit hydrostatischem Antrieb mehrerer Propeller“.
Manchmal waren die Filmemacher ihrer Zeit gewaltig voraus: In „Goldfinger“ (1964) will Bösewicht Gerd Fröbe Connery mit einem Laserstrahl zersägen (in der Romanvorlage ist es eine Kreissäge). Dabei war der erste Laser gerade vier Jahre zuvor von Theodore Maiman entwickelt worden ( DE1564240B). Und es sollte noch über 30 Jahr dauern, bis ein Laser über derartige Stärke verfügte.
In „Feuerball“ (1965) flüchtet Bond-Connery mit einem Raketenrucksack aus einem Schloss. Im Jahr darauf wurde das Patent für den „Personnel Propulsion Unit“ erteilt ( US3243144A (1,16 MB)). Dieses „Jetpack“ erwies sich aber als derart schwer beherrschbar, dass es erst 1984 wieder zu einem öffentlichen Einsatz kam, als bei der Eröffnung der Olympiade in Los Angeles ein „Rocketman“ ins Stadion flog.
Schlaue Uhren, schnelle Autos
Bereits zwei Jahre vor dem Start des ersten NASA-Raumgleiters flog Bond in „Moonraker“ (1979) mit einem Space Shuttle ins All – zu einer Raumstation, wie sie erst 1986 mit der „Mir“ Wirklichkeit wurde.
Intelligente Uhren trug Bond schon lange, bevor die erste Smart Watch auf den Markt kam: In "Der Spion, der mich liebte" (1977) druckt Roger Moores Uhr ein Telex aus, in „Octopussy“ kann er damit fernsehen und – einer der typischen sexistischen Gags der Reihe – einer Kollegin ins Dekolleté zoomen. Eines der frühesten Smart Watch Patente ist z.B. US6477117B1 (1,31 MB).
Als Sean Connery 1965 für „Feuerball“ in einem Swimming Pool voller Haie tauchen musste (wobei er und sein Stuntman in Lebensgefahr gerieten!), nutzte Bond eine Art Mini-Taucherflasche in Kugelschreibergröße. Mehr als zehn Jahr später kam das „Spare Air“ auf den Markt, ein Notfall-Atmungsgerät für Taucher – deutlich größer als Bonds Gadget, aber immer noch recht klein.
Little Nellies Erben
Faltbare Mini-Helikopter, wie Bond-Connery sie 1967 in "Man lebt nur zweimal" flog, gibt es mittlerweile allgemein zu kaufen. Bei „Q“ hieß der Kofferhubschrauber „Little Nellie“, heute hört er beispielsweise auf den Namen Gyrocopter (siehe z.B. den „Tragschrauber“ von AutoGyro, DE102018104192A1).
Eine Art Navigationsgerät besaß bereits Bonds legendärer Aston Martin DB5 in „Goldfinger“ von 1964, aber es dauerte bis in die 1980er Jahre, ehe erste Geräte auf dem Markt erschienen (zu den ersten Patenten gehörte DE3005101C2).
Manchmal ging es auch schnell mit der Marktreife: 1977 raste Roger Moore auf einem Wassermotorrad Richtung Weltrettung, im Jahr darauf kam das "Wetbike Watercycle" in den Handel. Das „motorradähnliche Wassergleitfahrzeug“ ( DE2539315C3) wurde 1978 für Deutschland patentiert. Jetskis gehören heute zu jedem anständigen Wassersportort.
Science fiction? Fakten!
Das unsichtbare Auto, dass Bond in "Stirb an einem anderen Tag" (2002) schrottete, erschien vielen als pure Science fiction. Aber dem ist nicht so: Nicht nur beim Militär gibt es seit einiger Zeit Versuchsfahrzeuge, deren eine Seite mit LED-Platten überzogen ist, auf denen die Kamerabilder der Umgebung zu sehen sind – der Panzer ist dann praktisch unsichtbar.
Personalisierte Waffen, die nur ihr Besitzer nutzen kann, sind heute auf dem besten Wege, Standard zu werden (siehe z.B. „Personal Smart Gun“, WO002019052621A2). Daniel Craigs personalisierte Walther PPK in „Skyfall“ war also eher „Science fact“ als „Science fiction“, ganz so, wie es sich Bond-Produzent Broccoli von Anfang an gewünscht hatte.
Connerys Rückkehr: Ein markenrechtlicher Seiltanz
Nachdem Connery in fünf äußerst erfolgreichen Filmen den Geheimagenten gegeben hatte (bis heute ist er inflationsbereinigt der an der Kinokasse erfolgreichste Bond-Darsteller), hatte er keine Lust mehr und stieg aus. Bald ließ er sich aber noch einmal überreden und kehrte nach dem glücklosen George Lazenby als Darsteller in „Diamantenfieber“ zurück.
Ein Jahrzehnt später schlüpfte er – man soll ja niemals „Nie“ sagen – doch noch einmal in die Rolle, allerdings außerhalb der „offiziellen“ Bond-Reihe von Eon und daher zum größten Ärger der angestammten Produzenten, mit denen er sich überworfen hatte. Sein alternder Bond in diesem Film gilt vielen als die beste Darstellung der Figur. Alle markenrechtlich geschützten Elemente der offiziellen Bond-Filme wie Titelmusik (Hörmarke EM018168977), Logos oder der berühmte Blick durch den Pistolenlauf im Vorspann (EM009655168 und neuerdings als Bewegungs- und Multimediamarken EM018168980 und EM 018168983) durften in „Sag niemals nie“ nicht auftauchen; Eon hätte sein Erscheinen am liebsten ganz verhindert. Inhaltlich war der Film ein Remake von „Fireball“, das nur aufgrund einer komplexen urheberechtlichen Konstellation und erst nach diversen Rechtsstreiten möglich wurde.
Schottische Ikone
Im Herbst seiner Schauspielkarriere landete Connery einige seiner größten Erfolge, meist in der Rolle des altersweisen, selbstironischen Mentors (Highlander, Indiana Jones, Der Name der Rose). Mit fast 60 Jahren wurde er 1989 zum „Sexiest Man alive“ gewählt, was er mit seinem typischen trockenen Humor so kommentierte: „Es gibt ja wohl auch nicht viele sexy tote Männer.“
Die britische Königin, in deren Diensten er als James Bond gestanden hatte, schlug ihn schließlich zum Ritter (trotz seines Einsatzes für die schottische Unabhängigkeitsbewegung). Er wurde mehrfacher Ehrendoktor in Literatur, gewann den „Oscar“ und - für ihn die wichtigste Auszeichnung - die Ehrenbürgerwürde Edinburghs. 2003 zog er sich ganz aus dem Filmgeschäft zurück. Er starb 2020.
Bond ist tot - es lebe Bond!
Text: Dr. Jan Björn Potthast; Bilder: DPMAregister, Rob Mieremet CC by SA 3 NL Creative Commons via Wikimedia, DEPATISnet, Stuart Crawford CC by SA via Wikimedia Commons
Stand: 09.04.2024
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