Inhalt
Weihnachtsmann-Patente, Nikolaus-Marken, Santa-Designs
US020230330548A1
Das Fest und die Schutzrechte
Eigentlich ist das eine recht verzwickte Angelegenheit: Nikolaus, Weihnachtsmann, Christkind, Santa Claus, Jahresendemann, Sinterclaas, Père Noël, Joulupukki – wer bringt uns denn nun eigentlich Geschenke? Und wann? Über die Metamorphosen einer sagenumwobenen Gestalt – und die Schutzrechte um sie herum.
Es gab in frühchristlicher Zeit einen Bischof in Myra (heute Demre, Türkei), der Nikolaus hieß. Wahrscheinlich sogar mehrere, die dann später in der Überlieferung zu einem einzigen Heiligen verschmolzen. Sankt Nikolaus zählt zu den wichtigsten Heiligen der katholischen und ganz besonders der orthodoxen Kirche; er ist Schutzpatron der Russen. Von dem historischen Bischof Nikolaus weiß man eigentlich fast nichts, außer dass er vermutlich irgendwann zwischen 270 und 365 gelebt hat und höchstwahrscheinlich an einem 6. Dezember gestorben ist.
Nikolaus brachte einst Goldnuggets
Wie es sich für einen Heiligen gehört, werden Nikolaus diverse Wunder und gute Taten zugeschrieben. So soll er drei arme Jungfern nächtens mit je einem Goldklumpen beglückt und sie damit vor dem Abgleiten auf die schiefe Bahn errettet haben (St. Nikolaus ist u.a. auch der Schutzpatron der Prostituierten). Darauf geht die christliche Tradition zurück, dass der Nikolaus die Geschenke über Nacht bringt.
In freudiger Erwartung stellt man daher am Vorabend des Nikolaustages Behälter für die Gaben auf. Einst waren das Papierschiffchen, denn Nikolaus ist auch der Schutzpatron der Seeleute, seit er mal drei Matrosen aus einem Sturm gerettet haben soll. Das Nikolausschiffchen wurde später durch Schuhe oder Strümpfe abgelöst, die Kinder vor die Tür stellen oder an den Kamin hängen. Nachts füllt sie der Heilige dann mit „Apfel, Nuss und Mandelkern“ oder anderen guten Gaben.
Bescherung verschiebt sich
Ursprünglich war also Nikolaus der Tag der großen Bescherung, nicht Weihnachten. In einigen Ländern ist das immer noch so. Im Zeitalter der Reformation änderte sich das aber vielerorts: Martin Luther war die Heiligenverehrung suspekt; er rückte Christus in den Mittelpunkt und die Bescherung auf den Heiligen Abend seiner Geburt. Daraus entwickelte sich mit der Zeit die Vorstellung eines Christkinds – holder Knabe im lockigen Haar –, das die Geschenke bringt.
Militaristischer Agitator?
Aber der gabenbringende Nikolaus feierte im 19. Jahrhundert ein Comeback – mutiert zum Weihnachtsmann. Populär machte ihn hierzulande besonders das Lied „Morgen kommt der Weihnachtsmann“, getextet 1835 von Hoffmann von Fallersleben. Der ist vor allem als Verfasser des „Liedes der Deutschen“ bekannt. Bei beiden Liedern wird der ursprüngliche Text heute als problematisch angesehen und nur gekürzt bzw. bearbeitet gesungen. Denn die erste Strophe
"Morgen kommt der Weihnachtsmann,
Kommt mit seinen Gaben.
Trommel, Pfeife und Gewehr,
Fahn und Säbel und noch mehr,
Ja ein ganzes Kriegesheer,
Möcht’ ich gerne haben"
befremdet mit ihren martialischen Wünschen.
Wie „Santa Claus“ entstand
Den Weihnachtsmann stellen wir uns heute als rundlichen älteren Herren mit rotem Anzug, weißem Bart und Zipfelmütze vor. Mit der Bischofstracht des Heiligen Nikolaus mit Stab und Mitra hat das wenig zu tun. Woher kommt das? Kurz gesagt ist das der Amerikaner im Weihnachtsmann. Das Brauchtum des Weihnachtsmannes kam in Person des holländischen „Sinterklaas“ nach „New Amsterdam“, also das heutige New York. Aus „Sinterklaas“ und „Saint Nicholas“ wurde der anglisierte „Santa Claus“. Im anglo-amerikanischen Raum findet die Bescherung nicht an Heiligabend statt, sondern am Morgen des Weihnachtstages, weil Santa Claus nachts die Geschenke gebracht hat.
Prägend für die Vorstellung seines Äußeren wurde das anonyme amerikanische Gedicht „‘Twas the Night before Christmas“ („A Visit from St. Nicholas“) von 1823, das heute meist Clement C. Moore zugeschrieben wird. Hier wird „St. Nick“ als „vergnügter alter Elf“ mit runden Backen und eben solchem Bauch („He was chubby and plump, a right jolly old elf“), einer roten Nase, langem weißen Bart und Pfeife beschrieben. Auch taucht hier zum ersten Mal sein Schlitten mit acht namentlich genannten Rentieren auf.
„Santas“ Schöpfer
„Santas“ Beschreibung in diesem enorm populären Gedicht setzte der deutschstämmige Karikaturist Thomas Nast (1840-1902) in Zeichnungen um, die zuerst in der Weihnachtsausgabe des Magazins „Harper´s Weekly“ von 1862 erschienen. In den folgenden Jahren kam Nast, der als Vater der politischen Karikatur in Amerika gilt, immer wieder auf das Thema zurück. Er schuf das Santa Claus/Weihnachtsmann-Bild, das heute vorherrschend ist.
Oft wird behauptet, der Weihnachtsmann sei eigentlich die Erfindung eines Limonade-Herstellers. Tatsächlich trugen die Werbekampagnen der Coca-Cola Company mit dem rotgekleideten, pausbäckigen „Santa“ ab 1931 viel dazu bei, sein Bild - geglättet und standardisiert - weltweit zu verbreiten. Die Firma hält die Rechte an einer entsprechenden Bild-Marke (EM002996502, angemeldet 2003).
Die Glühwein-Falle
DE202019005225U1
Es gibt freilich auch Ignoranten, die an der Existenz des Weihnachtsmannes zweifeln. Die Leute glauben halt nur, was sie sehen! Um diese Zweifler zu überzeugen, müsste man den Nikolaus am besten sozusagen auf frischer Tat ertappen. DE202019005225U1 beschreibt ein „Fallensystem, das in modernen Fluren und Wohnzimmern das Aufspüren und Sicherstellen des Weihnachtsmannes zu Heiligabend“ ermöglichen soll: „Die Aufgabe wird dadurch gelöst, dass ein reißfester Faden mit einem ersten Ende an einem Haken in der Wand eines Zimmers befestigt ist und mit einem zweiten Ende ein mit Glühwein gefülltes Glas schlaufenartig umschließt.“
Sollte das Herunterfallen des Glases nicht ausreichen, um die Bewohner zu wecken, lassen sich wenigstens nachträglich Spuren auswerten: „Das Verschütten des Glühweins durch Berühren des Stolperfadens und die süße Klebrigkeit und die rote Farbe des Glühweins bewirken, dass Fußspuren am Boden dauerhaft erhalten bleiben und später analysiert werden können. Wenn das Glas höher positioniert ist und der Weihnachtsmann selbst von Glühwein getroffen wird, lassen sich die Spuren des Glühweins auch in der Bekleidung des Weihnachtsmannes noch über längere Zeit, zumindest bis zur nächsten Reinigung, die regelmäßig aber erst nach Weihnachten erfolgen wird, nachweisen.“
Claus´ Kommerzialisierung
Seit jeher weht ein Hauch von Kommerz um den Weihnachtsmann. Der Weihnachtsmann/Nikolaus muss hierzulande für eine Fülle von Marken herhalten:
Beispielsweise hat sich ein Spirituosen-Hersteller „St. Nikolaus“ als Wortmarke gesichert (DE2913462; für Nizza-Klasse 33, Spirituosen). Die Firma hat sich auch die Wort-Bild-Marke „Fein & Rein - Die Garantie für diesen echten St. Nikolaus“ eintragen lassen (DE886795) und hält die Rechte an einem Nikolaus-Likör-Emblem (Wort-Bild Marke DE611100). Auch eine Brauerei hat sich „St. Nikolaus“ als Wortmarke für die entsprechende Nizza-Klasse eintragen lassen (DE2010932), ebenso „St. Nikolaus Bräu“ (DE422473). Dazu passend: die Wortmarken "Blauer Nikolaus" (3020232462172) und "Highlige Weihnacht" (3020220189751)...
Um bei den Getränken zu bleiben: Es gibt auch die Marke „St. Nikolaus Quelle Die Mineralwassermanufaktur“ (DE3020110380074, siehe auch u.a. DE3020161056843). Und für Tee wurde die Marke „Santa Claus“ in Deutschland angemeldet (DE398403945).
Morgen, Kinder, wird´s was geben…
Als „Offizieller Partner des Nikolaus“ stellt sich ein Kaffeeröster mittels einer entsprechenden Wortmarke dar (DE306573474). „Santa Claus in town“ hat sich eine deutsche Supermarktkette als Wort-Bild-Marke gesichert (DE3020120073719).
Ein Schokoladenhersteller hat sich eine Wort-Bild-Marke mit seinem Logo und dem Spruch „Wir glauben an den Weihnachtsmann“ eintragen lassen (DE3020170130635). Sogar seine Gesichtsbehaarung ist offenbar schutzrechtlich interessant: Es gibt die Wortmarke „Weihnachtsmann Bart“ (DE3020172143203) – für Zuckerwatte (Nizza-Klasse 30). Zurückgewiesen wurde aber 2000 die Anmeldung von „Weihnachtsmann“ als Wortmarke (AZ300236883/DE).
Auf die Wurzeln des Heiligen verweist dagegen die Wort-Bild-Marke „Nikolaus von Myra“ (DE3020161089318), die sich die Katholische Jugendfürsorge der Diözese Augsburg eingetragen hat; außerdem eine weitere Bildmarke „St. Nikolaus“, die sie sich für relevante Nizza-Klassen (41, 43, 45) festgeschrieben hat (DE302016111131).
Santa-Marken
Abgelaufene und gültige Santa-Marken aus aller Welt
Wo wohnt der Weihnachtsmann?
Draußen vom Wald kommt er her. Er fährt einen Rentierschlitten und kommt durch den Kamin, soviel weiß man. Wo aber lebt der Weihnachtsmann? Im anglo-amerikanischen Kulturkreis ist allgemein bekannt: Santa Claus lebt am Nordpol (das geht übrigens auch auf Nast zurück). In Skandinavien ist man geteilter Meinung: Schweden verorten seine Heimat in Dalarna, Dänen in Grönland.
Ganz genau wissen es die Finnen: Der Joulupukki, wie sie ihn nennen, lebt in Lappland, genauer gesagt in Rovaniemi. Zumindest gibt es mehrere Markeneintragungen, die das behaupten: „The Official Hometown of Santa Claus“ hat sich die Stadt als Wortmarke eintragen lassen (EM008183535). In Rovaniemi liegt außerdem „The official airport of Santa Claus“ (Wort-Bild-Marke EM000272047), also der offizielle Flughafen des Weihnachtsmannes. Es gibt dort auch einen „Santapark“ (DE3020160282106, EM012523999) und darin wiederum eine „Santa Claus Akatemia“ (EM018002398).
Alternative Fakten dazu: Einigen finnischen Kinderbüchern zufolge lebt der Joulupukki im Berg Korvatunturi.
Ist der Weihnachtsmann ein Finne?
Ganz Finnland sieht sich als „Santa Claus Land“, wie EM001650142 festschreibt (auch EM015363617, 018064852 und 018131027). Hier findet sich auch „Santa Claus' Main Post Office Arctic Circle Finland“ (eine Wort-Bild-Marke der finnischen Post, EM011443744).
Und natürlich hat Santa auch sein Büro in Finnland: „Santa Claus Office Arctic Circle Finland“ hat sich das Unternehmen Lapland Safaris als Wort-Bild-Marke EM017558529 schützen lassen. Selbst für seine Rentiere haben die Finnen sich eine Marke gesichert, „Santa Claus reindeer“ (EM017966227).
Um sich vorsichtshalber von etwaigen anderen „offiziellen“ Santas abzugrenzen, gibt es außerdem noch die Wort-Bild-Marke „The official Santa Claus of the Arctic Circle“ (EM014557731).
Wohnhaft in Himmelreich
US20230301453A1
In Konkurrenz dazu gibt es auch eine deutsche Marke „Dorf vom Weihnachtsmann“ (DE3020140221012), das aber nicht näher bezeichnet wird. Ist es Himmelreich bei Hannover? Himmelreich beim Höllental im Schwarzwald? Himmelstadt in der Nähe von Würzburg? Himmelpfort in Brandenburg, nördlich von Berlin? Himmelpforten bei Stade? Wer seinen Brief an den Weihnachtsmann mit einer dieser Anschriften versieht, hat dank der dortigen Weihnachtspostämter jedenfalls gute Chancen auf Antwort… Das "Nikolauspostamt" hat sich allerdings ein Verein aus Großrosseln als Marke eintragen lassen (DE3020182390599). Alternativ schreibt man halt ans Christkind: Postamt Christkindl, ein Ortsteil von Steyr in Österreich.
Santa und die Erfinder
Ob Santa oder St. Nikolaus - der Weihnachtsmann ist auch für Erfinder eine Quelle der Inspiration: Rund um das lukrative Weihnachtsmarketing gibt es alljährlich eine Fülle von neuen Designs und Entwicklungen. Ein paar Beispiele, quer durch die Jahre:
Eine „Spielzeug-Einschienenbahn“, die am Stamm befestigt wird, lässt Santas Schlitten auf halber Höhe rund um den Weihnachtsbaum sausen ( DE4445708A1). Nicht auf Schienen, sondern an einem Seil bewegt sich Santa in US5743781 von 1996: „Ornamental toy capable of running up and down“ sieht eine Weihnachtsmann-Figur vor, die an einer Perlenschnur rauf- und runterklettert. „Animated display device“ von 1956 lässt Santa samt Schlitten und Rentieren gleich zu Hochseilartisten werden: Zahnradbetrieben flitzt das Gespann auf einer weitgespannten Leine entlang ( US2787088A).
Kling, Glöckchen
„Disappearing Santa in chimney“ von 1960 ist eine pfiffige Dekorationsidee: Der Weihnachtsmann taucht mittels eines Schiebemechanismus aus dem Schornstein auf und verschwindet wieder darin ( US3159935).
Ein glockenläutender Weihnachtsmann wurde 1950 zum Patent angemeldet: „Electrically operated bell ringing decorative device“ ( US2716745). Santas Arm scheint in diesem Glockenspiel am Glockenstrang zu ziehen.
Einer ähnlichen Idee folgt auch US6210250B1: Bei dieser Anmeldung von 1999 fehlen zwar die Glocken, aber es gibt auch Musik und einen beweglichen Santa Claus: „Musical ornament having concealable and movable figurine“ – ein kleiner Weihnachtsbaum öffnet sich, der Weihnachtsmann erscheint und dreht sich, saisonale Musik erklingt dazu – eigentlich ein klassisches Glockenspiel, nur die Musik kommt vom Band.
"Santa Claus Detector"
Ein „Santa Claus Detector“ wurde 1994 zum Patent angemeldet: Er soll melden, wenn der Weihnachtsmann durch den Schornstein geklettert kommt. Die Strümpfe, die die Kinder in freudiger Erwartung an den Kamin gehängt haben, fangen dann an zu leuchten ( US5523741A).
Außerdem wurde 2005 ein Set, das einen nächtlichen Besuch vom Weihnachtsmann simulieren soll, angemeldet („Kit for simulating a visit by Santa Claus“, US2006/0116049A1): Die Kinder finden (neben Geschenken) eine handgeschriebene Grußkarte, den Hufabdruck eines Rentieres oder Santas Schlittenführerschein vor.
Noch mehr Santa-Marken
Designer-Nikolaus
Neben den zahlreichen technischen Apparaten zu unterhaltenden Zwecken gibt es eine Fülle von saisonalen Dekorationsartikeln, die teilweise als Design angemeldet wurden. Etwa Nudeln in Nikolaus-Form (M9704954-0007), Metallaufhänger (40206635-0003), Geschirrverzierung (40302818-0001) oder speziell gestaltete Dekorationsfiguren (z.B. 40400821-0001, 40307853-0001).
In den USA wurden im Laufe der Zeit eine Fülle von Design-Patenten angemeldet: Santa im Golfball-Look ( US311045S), Santa schlafend im Bett ( US360165S), Santa in der Badewanne ( US372207S) oder ein seifenblasender Santa ( US393017S), um nur einige von sehr vielen zu nennen.
Es gibt Hüllen für Schokoladenhohlfiguren im Santa-Look ( US3821423A) oder Haarschmuck mit Santa-Gesicht, bei denen der Haarzopf dann den Bart des Weihnachtsmannes bildet; ein netter optischer Gag ( US5097854A).
Im Osten viel Neues
Ähnlich wie bei Halloween lässt sich auch für Weihnachten feststellen, dass in den letzten Jahren die meisten Schutzrechtsanmeldungen für entsprechende Dekorationsartikel aus China stammen, wo diese Feste eigentlich keinerlei traditionelle Verwurzelung haben (siehe z.B. CN207371106U).
Der Bischof aus Myra hat also im Laufe der Zeit manche Metamorphose erfahren und vieles erlebt. Aber: Ob nun der St. Nikolaus, Weihnachtsmann, Santa, Joulupukki oder doch das Christkind die Geschenke bringt – und ob das nun am 6. oder 24. Dezember stattfindet – wichtig ist letztlich doch nur, dass es ein gesundes, friedliches Familienfest gibt!
Text: Dr. Jan Björn Potthast; Bilder: DPMAregister, DEPATISnet, Thomas Nast / Public domain, via Wikimedia Commons
Stand: 11.12.2024
Soziale Medien