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Monika Gerstmann
„Nachdem ich mit Ängsten und auch mit gewissen Vorurteilen nach München gekommen war, wurde mir schnell klar, dass auch hier nur mit Wasser gekocht wird und ich die Arbeitsaufgaben gut bewältigen konnte.“
Ehemals Patentprüferin im AfEP und DPMA
DPMA:Wie haben Sie die Zeit 1989/90 in Erinnerung?
Monika Gerstmann:Als klar wurde, dass es zur Währungsunion und einer Wiedervereinigung kommen würde, begann eine Zeit, die durch große Änderungen geprägt war, im persönlichen, familiären wie auch im beruflichen Bereich. Für uns Prüfer war auch klar, dass der Zusammenbruch der DDR nicht gleichzeitig den Wegfall der DDR-Patente und -Marken bedeutete. Sondern, dass diese gemäß rechtlicher Übergangslösungen weiterbearbeitet werden müssten. Was wir nicht wussten: Waren wir ein Auslaufmodell oder würden wir vom Deutschen Patentamt übernommen werden? Jeden Tag gab es neue Gerüchte. Wir lebten in dieser Zeit mit einer für uns bisher nicht gekannten beruflichen Unsicherheit. Das bedeutete auch eine große Unsicherheit für unsere Familien.
DPMA:Wie übersteht man so eine Zeit?
Monika Gerstmann:Indem man sich den neuen Gegebenheiten stellt: Im Sommer 1990 festigte sich das Gerücht, dass ein Großteil der DDR-Patentprüfer und -Prüferinnen vom DPA übernommen würde. Die gute Einvernehmlichkeit der beiden Präsidenten und der Fachprüfermangel im DPA sollen eine Rolle gespielt haben. Schließlich bekam man ausgebildete Patentprüfer ins Haus geliefert.
DPMA:Wie vollzog sich Ihre Übernahme ins DPA? Wann sind Sie nach München gezogen?
Monika Gerstmann:Wir mussten einige Hürden nehmen: Es gab eine Befragung durch den Verfassungsschutz. Auch Mitarbeiter der Münchner Dienststelle befragten uns wegen unserer Tätigkeitsmerkmale und Qualifikation. Wir mussten unzählige Formulare ausfüllen und Urkunden beibringen, beispielsweise den Staatsbürgerschaftsnachweis, um zu unterstreichen, tatsächlich deutsch zu sein. Ich musste mich um eine Krankenkasse kümmern und Kindergeld beantragen. Lauter Dinge, die in der DDR automatisch liefen. Ich lernte viel dazu.
Meinen Überleitungsvertrag bekam ich allerdings erst am 1. Oktober 1990 ausgehändigt. Er enthielt die Maßgabe "wenn es die Arbeitsaufgabe erforderlich macht, ist der Arbeitsort München". Ich musste mich also damit anfreunden, das gewohnte Umfeld, den Freundes- und Familienkreis zu verlassen und früher oder später nach München umzusiedeln. Im Gegenzug bedeutete es für jene, die übernommen wurden, Sicherheit in dieser sehr bewegten Zeit.
Arbeitsmäßig lief zu diesem Zeitpunkt alles wie gewohnt. Wir kümmerten uns weiter um die DDR-Schutzrechte.
DPMA:Was hatte das DPA für die Übernahme zu organisieren?
Monika Gerstmann:Das DPA musste mit anderen Bundesbehörden klären, wie die beamtenrechtliche und vergütungsmäßige Einordnung der AfEP-Mitarbeiter auszusehen hatte und ob womöglich die Berliner Prüfer in Berlin bleiben sollten. Sie hätten dann Akten aus München zugeschickt bekommen.
Obwohl einige Prüfer an einer schnellen Umsetzung nach München interessiert waren, mussten wir bis zur Klärung aller Einzelheiten Anfang 1993 warten. Die Umsetzung nach München verlief dann sehr kulant, was das Datum der Umsetzung und auch das zuzuordnende Fachgebiet beziehungsweise die Abteilung betraf.
DPMA:Und wie wussten Sie, was nun tatsächlich an Arbeit auf Sie zukommen würde?
Monika Gerstmann:Alle Patentprüfer erhielten 1992 die Möglichkeit, eine sogenannte Schnupperwoche in einer Patentabteilung in München zu machen. Das nahm ein bisschen die Angst vor der Zukunft in München. Außerdem wurden wir noch in Berlin von Münchner Prüfern zu Patentrechtsangelegenheiten "West" geschult. Das begrüßten wir sehr.
DPMA:Wie unterschied sich die Arbeit im DPA von der Arbeit im AfEP?
Monika Gerstmann:Im Großen und Ganzen unterschied sich die Prüfertätigkeit der beiden Patentämter nicht. Beide Patentgesetze (Ost und West) gingen seinerzeit aus dem Reichspatentgesetz hervor. Allein das ergab viele Gemeinsamkeiten.
Nachdem ich mit Ängsten und auch mit gewissen Vorurteilen nach München gekommen war, wurde mir schnell klar, dass auch hier nur mit Wasser gekocht wird und ich die Arbeitsaufgaben gut bewältigen konnte. In meiner neuen Abteilung wurde ich sehr gut aufgenommen. Bis zum Schluss hatte ich ein gutes, offenes, kollegiales Verhältnis zu allen Kollegen. Es war durchaus üblich, mit den Abteilungskollegen ein fachliches Problem in der Abteilung zu diskutieren, keiner wurde bei fachlichen Problemen allein gelassen.
Von 1993 bis zu meiner Pensionierung 2017 arbeitete ich als Patentprüferin im DPMA und war zudem mit Recherchen betraut. Außerdem wirkte ich bei Gebrauchsmusterlöschungen und Einspruchsverfahren als Berichterstatterin oder Beisitzerin mit.
DPMA:Was hat Sie in der westdeutschen Prüferschaft überrascht?
Monika Gerstmann:Dass es in der Prüferschaft, außer in der Chemie, so gut wie keine Frauen gab. Das kannte man natürlich in der DDR ganz anders. Doch mit der Wiedervereinigung und der Umsetzung der Berliner nach München hat sich das auch im DPMA grundlegend geändert.
DPMA:Wenn Sie auf Ihr Berufsleben zurückblicken, welches Resümee ziehen Sie?
Monika Gerstmann:Als Resümee kann ich sagen: Es war gut, dass ich im AfEP gearbeitet habe, bei der Wiedervereinigung ins DPMA übernommen wurde und hier in München in eine sehr kollegiale Abteilung kam. Die Arbeit hat immer Spaß gemacht und auch finanziell konnte und kann ich zufrieden sein.
Stand: 18.06.2024
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