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Parkuhr
US2118318, angemeldet am 13. Mai 1935
Patentiertes „Groschengrab“
Diese Erfindung gehört sicherlich nicht zu den populärsten aller Zeiten: die Parkuhr. Am 13. Mai 1935 meldete Carlton Cole Magee in den USA ein Patent für das „Coin controlled parking meter“ ( US2118388A (1,16 MB)) an. Seither ärgern das „Groschengrab“ und seine modernen Nachfolger die Autofahrer weltweit.
Magee (1872-1946) arbeitete eigentlich als Anwalt und Verleger, war aber auch in der Lokalpolitik aktiv und leitete in den 1930er Jahren den Verkehrsausschuss in Oklahoma City. Dauerparker, die den Platz vor den Geschäften in der Innenstadt blockierten, waren ihm offenbar schon länger ein Dorn im Auge. Denn bereits vor seinem Patent für die erste münzgesteuerte Parkuhr hatte er jahrelang an Geräten zur Begrenzung der Parkzeit getüftelt.
Briefkasten als optisches Vorbild
Bereits 1932 meldete Magee ein „Parking meter“ zum Patent an ( US2039544A). Diese Parkuhr, die äußerlich den typischen amerikanischen Briefkästen ähnelte, funktionierte auch schon mit Münzeinwurf. Sie zeigte allerdings nur an, ob der Parkplatz gerade bezahlt war oder nicht, es fehlte die Zeitanzeige; eine Parkuhr ohne Uhr sozusagen.
Ein Jahr später meldete Magee erneut ein Patent an: „Parking device“ ( US2088300A), eine Weiterentwicklung, die u.a. einen deutlicher sichtbaren „Bezahlt“-Indikator vorsah (einen aufklappbaren Winker, wiederum ähnlich dem an US-Briefkästen), aber immer noch keine Anzeige der verbleibenden Parkdauer leisten konnte.
Anfang 1936 meldet er eine „Face plate“ zum Patent an, eine austauschbare und verstellbare Platte für Parkuhren, die Angaben zur maximalen Parkdauer und den Gebühren machte ( US2088301A).
„Black Maria“ ärgert Autofahrer
Bereits am 13. Mai 1935 angemeldet, aber erst am 24. Mai 1938 erteilt wurde das Patent für die Mutter aller Parkuhren, die später alle verkehrsreichen Städte dieser Welt erobern sollten ( US2118388A (1,16 MB)): Eine mechanische Münz-Uhr auf einer stabilen Säule, die auch den Kontakt mit der Stoßstange eines einparkenden Autos überstand. Magee wartete die Patenterteilung nicht ab, sondern setzte durch, dass bereits am 16. Juli 1935 die ersten Parkuhren in Oklahoma City aufgestellt wurden. „Black Maria“ nannte er sie.
Es überrascht nicht, dass die Autofahrer Oklahomas von der Neuerung wenig begeistert waren und sich lange Zeit mehr oder weniger massiv dagegen wehrten (Sachbeschädigungen sollen durchaus vorgekommen sein). Aber es half ihnen nichts: die „Black Marias“ blieben nicht nur, sie breiteten sich auch noch rasant aus.
Die Parkuhr erobert Europa
Nach dem Krieg wurden die Parkuhren auch in Europa heimisch. Basel machte 1952 den Anfang. Mit dem „Wirtschaftswunder“ und dem massiv gestiegenen Verkehrsaufkommen Mitte der 1950er Jahr kamen die Parkuhren schließlich auch nach Deutschland. Duisburg war die erste Stadt, die am 4. Januar 1954 zwanzig „Parkographen“ aufstellte. Auch hier stießen sie von Anfang an auf wenig Gegenliebe. Es gab wütende Proteste, sogar Klagen. Eine Änderung der Straßenverkehrsordnung legalisierte die Parkgebühren 1956 nachträglich.
Die Kommunen hatten eine neue Geldquelle entdeckt. Der stetig ausgebauten „Parkraumbewirtschaftung“ verdanken sie erhebliche Einnahmen – heute mehr denn je. Die einst eher symbolischen Parkgebühren sind längst ein echter Kostenfaktor geworden, der viele Autofahrer auf dem Weg in die Innenstädte lieber auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen lässt. Insofern leistet Magees Erfindung gewissermaßen einen Beitrag zum Umweltschutz.
Parkuhr, Pop und Politessen
Mit dem Siegeszug der Parkuhr entwickelte sich ein ganz neuer Beruf, nämlich der des Parkwächters. Zunächst zumeist von Frauen ausgeübt, nannte man die Wächterinnen über die Parkuhren in den USA „meter maids“, in Deutschland „Politesse“. Beide fanden als unzertrennliches Gespann bald Eingang in die Popkultur.
Literaturnobelpreisträger Peter Handke verwandelte seine erste Begegnung mit einer Parkuhr in Lyrik:
„1966/in bayreuth/vor einer aufführung der oper „tristan und isolde“/steckte ich/auf einem parkplatz/zum ersten mal/eine münze/in einen parkautomaten/: das war eine neue erfahrung für mich/und weil es heißt/dass man stolz ist auf neue erfahrungen/war ich stolz/auf die neue erfahrung“.
Ein anderer späterer Literaturnobelpreisträger, Bob Dylan, reimte die unsterbliche Zeile „Don't follow leaders / watch the parking meters“ (aus „Subterranean Homesick Blues“). Die Beatles widmeten „Lovely Rita, meter maid“ ein ganzes Lied auf dem legendären „Sgt. Pepper“-Album. Und bei uns besang Herbert Grönemeyer den Frust des Parkplatzsuchenden so:
„Ich drehe schon seit Stunden / Hier so meine Runden / Ich finde keinen Parkplatz (…) / Und ich muß weiter suchen / An jeder Ecke stehn Politessen / Lauern wie Panther/ Zum Sprung bereit / Hier kannste nicht parken / Das kannste vergessen…“ (aus: „Mambo“).
Heute praktisch ausgestorben
Analog zur globalen Ausbreitung der Parkuhren wurden in den späten 1960er und frühen 1970er Jahren viele neue Parkuhr-Patente angemeldet, wie der Datenbank DEPATISnet zu entnehmen ist (zum Beispiel „Selbstkassierender Mietzeitmesser“, DE1474805 (1,16 MB)). Ab 1978 gab es erste Patente für ‚moderne‘ Parkographen wie „Elektronische Parkuhr mit digitaler Anzeige“ ( DE2812272A1). Ein visionäres Patent für eine Parkuhr mit Ladeanschluss für Elektroautos wurde bereits 1991 angemeldet ( DE4101053A1). In den letzten Jahren gab es dagegen kaum noch Anmeldungen in diesem Bereich (siehe z.B. „Automatische Parkuhr“, DE102011105832A1).
Die Umstellung auf die Euro-Münzen 2002 gab den alten Parkuhren bei uns den Rest: Statt einer teuren Umrüstung setzte man fortan fast überall auf moderne Parkscheinautomaten, an denen man heute teilweise auch bargeldlos oder per Mobiltelefon bezahlen kann. Magees klassische Parkuhr ist nach 85 Jahren bei uns weitgehend aus dem Stadtbild verschwunden. Aber ihre „Enkel“ kassieren bei den Parkern kräftig weiter.
Bilder: DEPATISnet, Whgler CC BY-SA Creative Commons 4.0 via Wikimedia
Stand: 09.04.2024
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