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Post-it
Karriere der Klebezettelchen (mit schleppendem Beginn)
Jede Erfindung ist wertlos, solange man nicht weiß, wofür man sie nutzen kann. „Gewerbliche Anwendbarkeit“ gehört beim DPMA daher zu den Voraussetzungen für die Patentfähigkeit einer Erfindung. Es kann gelegentlich vorkommen, dass sich eine Entwicklung für einen ganz anderen Zweck eignet als ursprünglich gedacht (das passiert etwa in der Pharmaforschung häufiger; siehe das Beispiel Sildenafil: ein Wirkstoff, der gegen Bluthochdruck entwickelt wurde und dann unter seinem Handelsnamen Viagra für eine ganz andere Anwendung berühmt wurde). Manchmal dauert es auch Jahre, bis die richtige Anwendungsmöglichkeit für eine Entwicklung gefunden wird. Eines der bekanntesten Beispiele dafür sind die „Post-it“-Klebezettel.
Was tun mit dem Mikrokugelkleber?
Der Chemiker Dr. Spencer Ferguson Silver (geboren 1941) arbeitete in den späten 1960er Jahren für die Minnesota Mining and Manufacturing Company (3M) an der Entwicklung von Klebstoffen. Besonders zäh und fest sollte der neue Kleber eigentlich werden. Aber die „Acrylate copolymer microsphere“, also Mikrokugeln aus Acrylat und Mischpolymer, die Silver am 9. März 1970 zum Patent ( US3691140A) anmeldete, bildeten nur einen schwachen Haftklebstoff. Zwar pappte der Kleber leicht auf glatten Oberflächen fest, ließ sich jedoch ebenso einfach wieder ablösen.
Welchen praktischen Nutzen konnte diese Erfindung haben? Silver zerbrach sich über diese Frage jahrelang den Kopf. "Ich wurde als Mr. Hartnäckig bekannt, weil ich nicht aufgeben wollte", erinnerte er sich später (laut Internetseite des Post-it Haftnotizen Herstellers 3M).
Heureka-Moment bei Chorprobe
Aber es war sein Kollege Art Fry, der Jahre später die Idee hatte, wozu diese Erfindung nützlich sein konnte. Fry sang im Kirchenchor und ärgerte sich bei jeder Probe über die verrutschten Lesezeichen in seinen Gesangsnoten. Wenn man nur ein Lesezeichen hätte, das an seinem Platz bleibt, ohne die Seiten zu beschädigen! Da erinnerte Fry sich an den schwachen Haftkleber seines Kollegen: „Das war ein Heureka-Moment“.
Gemeinsam begannen Silver und Fry, ein marktfähiges Produkt zu entwickeln. Der Durchbruch kam, als sie die mit dem Klebstoff präparierten Lesezeichen mit Notizen versahen, in den Büros ihrer Kollegen anbrachten und so mit ihnen kommunizierten. Diese Feldversuche im eigenen Haus waren ein voller Erfolg. Die Klebezettelchen – das zeichnete sich ab – waren der klassische Fall eines Produktes, „von dem niemand weiß, dass er es braucht, bis er es kennen lernt“, so Silver.
Quadratisch, praktisch, gelb
Die Weiterentwicklung der Idee führte zu einem neuen Patent, das Silver und Kollegen am 6. Februar 1973 anmeldeten: „Removable pressure-sensitive adhesive sheet material“ ( US3922464A). Es perfektionierte den Einsatz des Klebstoffes auf Papier: Die Mini-Klebeperlen haften auf unterschiedlichen Oberflächen und lassen sich rückstandsfrei entfernen.
Zunächst wurden die Klebezettelchen unter dem Namen „Press 'n Peel“ nur testweise in einigen Städten der USA auf den Markt gebracht, mit durchwachsenem Erfolg. Letztlich sollte es noch bis zum 6. April 1980 dauern, ehe das Produkt als „Post-it“ im charakteristischen Kanarienvogel-Gelb und mit einer Größe von 76 × 76 mm überall in den Handel kam.
Selbstverständlich schützte der Hersteller sein Produkt mit diversen Marken (Wort: 2023475, 2907658, 014633804; Wort-Bild: u.a. 007226392). „Post-it“ ist als deutsche Marke mit der Registernummer DD653350 und der Registernummer 2072402 eingetragen.
Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Bald waren Post-it Haftnotizen in jedem Büro der Welt zuhause. Mehr als 50 Milliarden Klebezettelchen sollen heute jedes Jahr in mehr als 100 Ländern verkauft werden.
Bilder: iStock.com/olli0815, DPMAregister
Stand: 24.09.2024
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